"Eine Bitte an den Koch" - das kleine Hilfsmittel für Allergiker beim Restaurantbesuch

"Da wird man dann auch noch schief angeschaut", erzählte mir neulich eine Freundin, nachdem sie mit ihrem Freund essen war. Grund der Aufregung: Sie wollte nur wissen, ob die Sauce auch ohne Sahne zubereitet werden könnte. "Da gehört aber Sahne rein." war die Antwort der Bedienung. Meine Freundin entgegenete, daß es hier nicht um Albernheiten ginge, sondern, daß sie unter Laktoseintoleranz leiden würde und daß das Verwenden von Sahne oder Milch im Essen ihr nicht bekommen würde…
Genauso geht es manchen meiner Freunde. Ich kenne ein Päarchen, die brauchten zusammen fast ein Jahr, bis sie ein Gericht gefunden hatten, daß sie bedenkenlos zusammen kochen und essen konnten, und daß sie gemeinsam zum Thailänder essen gehen können.
Und von allen höre man immer wieder dasselbe: "Weißt Du, wenn ich zuhause koche oder von Freunden bekocht werde, da weiß man wenigstens was man bekommt und muß nicht mit einem mulmigen Gefühl essen."

Sie ist zusammengeklappt gerade mal so groß wie der rosa-farbene Führerschein und soll in Zukunft Allergikern und Menschen mit Unverträglichkeiten einen unbeschwerten Besuch in Restaurants und Hotels gewährleisten.  Die Rede ist von einer Karte, die sich "eine Bitte an den Koch" nennt. Sie ist seit Mai diesen Jahres erhältlich und das Ergebnis eines finanziell unterstützten Aktionsplans gegen Allergien des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), erarbeitet durch den Deutschen Allergie- und Asthamverbund e.V. (DAAB) und den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband).

Ziel dieses Projektes ist, den über dreißig Prozent der Deutschen, die an einer Allergie oder Unverträglichkeit leiden, das Gefühl von Lebensqualität und Sicherheit zurückzugeben, daß bei einem Restaurantbesuch eigentlich selbstverständlich sein sollte. Nicht selten verzichten Allergiker auf den Genuß aushäusigen Essens, da sie sich in der heutigen Zeit, in der fachlich geschultes Personal oftmals Mangelware ist, nicht hundertprozentig auf korrekte Auskünfte verlassen können. Denn vielen ist wahrscheinlich nicht bewußt, daß die falsche oder unvollständige Beantwortung der Frage nach Zutaten oder Inhaltsstoffen eines Gerichts den Betroffenen in falscher Sicherheit wiegen kann. Schwere gesundheitliche Probleme können die Folge sein. Nicht selten kann dies für den Betroffenen neben Schwellungen im Mund- und Rachenbereich auch mit Übelkeit, Darmkrämpfen, Atemnot oder sogar mit einer Anaphylaxie, also einer lebensbedrohlichen allergischen Reaktion, enden.

"Eine Bitte an den Koch" trägt zur Verbesserung der Verständigung zwischen Gast, Servicepersonal und Küche bei. Dieses längliche Stück Papier, das sich nach zweimal falten in ein praktisches Hosentaschenformat verwandelt, möchte ich hier gerne für die, die es noch nicht kennen, etwas genauer vorstellen.

In ihrer grünumrandeten Aufmachung kommen alle bisher erschienenen sieben Karten auf den ersten Blick gleich daher, in sympathischer Farbgebung, allerdings läßt die Lesbarkeit des Namens der jeweiligen Allergie an manchen Stellen zu wünschen übrig und trotz beschichteten Papieres ist die Haltbarkeit der Karten sicherlich beschränkter als die von Plastikkarten zumal sie sich häufig in Küchenräumen aufhalten werden.

Sehr positiv hingegen ist, daß auf der ersten Seite sowohl direkt auf das Allergen, sowie auf Erzeugnisse aus diesem Allergen, aufmerksam gemacht wird, z.B. Weizen und Weizenerzeugnisse. Zudem wird im Folgenden darauf hingewiesen, auf welche Begriffe man in Verbindung mit dem jeweiligen Allergen zu achten hat. Um beim Weizen als Beispiel zu bleiben, werden hier u.a. Begriffe wie Bulgur, Paniermehl, Weizenkeimöl oder Weizenschrot aufgeführt und noch viele mehr, damit die Küche möglichst umfassend informiert ist. Hierzu passend enthält jede der Karten eine Rubrik über Produkte, die eventuell das Allergen enthalten könnten, also bei Weizen naheliegend Backwaren, oder Müsli. Da die Karten aber sehr ausführlich sind werden z.B. auch Fleisch- und Wurstwaren, Suppen oder Getränke in dieser Auflistung genannt. Um diese Warnhinweise zu komplettieren wird neben dem allseits bekannten Hinweis "kann Spuren von… enthalten" auch auf Kontaminationsgefahren hingewiesen, sprich, lose Waren in Regalen, offene Buffets oder die Verwendung von gleichem Vorlegebesteck. Diese Unachtsamkeiten können für den Betroffenen zum Problem werden. Außerdem wird darauf hingewiesen, welche Nahrungsmittel nicht ersatzweise verwendet werden dürfen und wovor man sich beim Einkauf und anschließenden Kochen noch in Acht nehmen sollte. Auf einigen Karten kann auch ein Feld mit (Kreuz-) Allergie ausgefüllt werden. Damit beim Koch am Ende nicht das große Fragezeichen bleibt werden Alternativen aufgezeigt, die tatsächlich als  Ersatz dienen können.

Zwar ist das jeweilige Allergen auf den Restaurantkarten in fünf Sprachen (Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Niederländisch) übersetzt, jedoch gibt es sie inhaltlich ausformuliert nur für den deutschen Sprachraum. Zur Zeit liegen mir keine Informationen vor, ob Übersetzungen in näherer Zukunft angestrebt sind.

In zwei von der EU festgesetzen Richtlinien (2003/89/EG und 2006/142/EG) sind 14 Lebensmittel als Hauptauslöser von Allergien deklariert. Der DAAB hat im Mai diesen Jahres sieben fertige Restaurantkarten vorgelegt, weitere sind in Arbeit und voraussichtlich ab Oktober erhältlich. Bisher gibt es Karten über Weizen-, Erdnuß-, Sellerie-, Hühnerei-, Schalenfrüchte/Nüsse-, Kuhmilch- und Sojaallergie. Ausstehend sind Karten über Krebstier-, Fisch-, Senf-, Sesam-, Weichtier-, Schwefeldioxid/Sulfit- und Lupine-Allergien. Wer nicht bis Oktober warten möchte oder gegen etwas allergisch ist, was nicht in den 14 Hauptallergengruppen vertreten ist, der kann die Blankokarte verwenden. Allerdings wir hierbei empfohlen, die Informationen zur entsprechenden Allergie zusammen mit einer Ernährungsfachkraft auszuarbeiten. Vermitteln lassen kann man sich diese über den DAAB. Eine Möglichkeit hierfür besteht darin, daß man auf Lecker Ohne auf "Berater finden" klickt und nachsieht ob sich ein passender Berater (aus der Umgebung) eingetragen hat.

Ebenfalls ein Lichtblick für Allergiker dürfte die Nachricht sein, das die Broschüre "Gute Gastgeber für Allergiker" schon in der zweiten Auflage erschienen ist und sowohl von Hotels als auch von Restaurants vermehrt in Anspruch genommen wird. Sie versteht sich als Hilfsmittel für gastronomischen Betriebe, welche besser auf die "Zielgruppe Allergiker" eingehen, ihre Belange besser verstehen und sich darauf ausrichten möchten. Das vorrangige Ziel der Broschüre und Restaurantkarten ist, die Probleme Betroffener soweit in den Fokus zu rücken, daß Betriebe für dieses Thema sensibilisiert werden und somit langfristig Hotel- und Restaurantgästen mit Allergien einen entspannten und genußreichen Aufenthalt zu ermöglichen.

In wie weit dies sich durchsetzen wird, bleibt abzuwarten - hoffen wir, daß es sich nicht nur um "Zukunftsmusik" handelt.

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Kommentare

Hallo, es ist zwar für die Allergiker sicherlich eine Erleichterung wenn sie so eine Karte dabei haben- nur glaube ich, aus eigener Erfahrung, nicht wirklich das es viele Gastronomiebetriebe gibt wo es Sinn macht diese Karte einzusetzen. Zum einen haben viele Betriebe ihre Soßen mindestens in der Grundform (Rahmsoße, braune Soße, etc.) als mice en place. (Vorbereitung) und somit häufig die Allergieauslösenden Zutaten bereits verwendet, zum anderen haben die meisten Gastro- Köche nicht die Zeit die Zutatenlisten der Produkte komplett zu lesen. Als ich in der Gastronomie gearbeitet habe hatte ich von 12.00h bis 14.00h bis zu 70 Essen a la carte.......wer glaubt das da noch Zeit zum Lesen bleibt hat echt keine Ahnung. Also wenn diese Karte eingesetzt wird sollte der Allergiker damit rechnen das der Koch sagt: Sorry keine Zeit! Das ist dann sicher nicht böse gemeint, aber je nach Betrieb einfach wahr- es ist einfach so, leider. Am besten und sichersten kann diese Karte vermutlich in der gehobenen Gastronomie etwas bewirken da ich dort die Zeit hatte anderst zu kochen- und die Gäste das Geld es zu zahlen. Was leider immer bleiben wird ist die Gefahr von "verunreinigungen" mit Allergenen. Kaum ein Gastro- Koch weiß das er frische Kochlöffel etc. nehmen muß! Woher auch? Prinzipiell find ich ja die Karte ist eine gute Idee- wenn die Köche dafür ausgebildet werden oder geschult, muß ja nicht gleich jeder den Diätkoch machen, aber ein Grundkurs für Köche wo der Betrieb sagt wir wollen Allergikerfreundlich werden sollte schon angeboten werden....

Ich frage mich manchmal wo die Gastronomen sind, die den großen Markt doch sehen müssen?? Mir und allen in der Ernährungsberatung tätigen Kollegen ist er regelmäßig vor Augen, neben Allergikern sitzen Zöliakiepatienten und solche mit z.B. Lactoseintoleranz immer da mit der gleichen Frage:
Und wo kann ich mal essen gehen????? Was ich mit gutem Gewissen empfehlen kann ist leider nie viel.Hat die Gastronomie keine zusätzlichen Kunden nötig? Ich persönlich hab auch keine Lust im Restaurant eine Fertigsauce serviert zu bekommen! Wer mir den "Blick in seinen Kochtopf" so verweigert dem sage ich :
Vielen Dank, aber aus dem Topf möchte ich auch nicht essen!!!

Gruß von Alexandra (LeckerOhneRedaktion)

Tja, da kann ich eigentlich nur zustimmen. Leider ist es aber Fakt das es die Masse macht- und das sind halt die Nichtallergiker. Im übrigen sind die Soßen wenn sie auf der mice en place stehen nicht zwangsläufig Tütensoßen- nur als Basissoßen vorgekocht. Der einzige Tipp wo auf diese Karte für den Koch nicht steht ist der wichtigste! Kommt bitte nicht zur besten Stoßzeit sondern wenn etwas weniger los ist. Es ist den Gästen die nur Mittagspause haben nicht zu erklären warum ihr Essen später kommt, nur wegen einem Allergiker. Klar hat der ein Recht auf Essen, schön wäre nur wenn er einfach fragt: was können sie mir empfehlen? Welches Essen ist für meine Allergie verträglich und für den Koch machbar? Auf der Basis, und mit etwas Geduld könnten Allergiker sicher auch in der Gastronomie Stammlokale finden- und die Wirte zum Nachdenken bringen. Was ich halt befürchte ist das mit einem Anspruchsdenken die Karte abgegeben wird und dadurch die Wirte und Köche "vergrätzt" werden. Leider habe ich auch mit solchen Menschen so meine Erfahrungen gemacht. Also wenn die Allergie- Karte gezogen wird dann bitte darauf gefasst sein das der Koch oder Wirt es ablehnt sie anzunehmen- aus Unkenntnis oder Unsicherheit oder Zeitmangel. Schließlich sind die Gastroköche NICHT geschult!

Hieß es nicht eigententlich immer, dass der Kunde König ist und dem Verkäufer, Koch etc. das Wohlbefinden dessen am Herzen liegt?!
Es ist klar, dass es in der Küche eines vollen Lokals wenig Zeit für Extrawünsche gibt, aber das darf doch keine Entschuldigung sein!
Die Zahl der Nahrungsmittelallergiker steigt, die Zahl der Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten steigt und die Zahl der Pollenallergiker mit Nahrungsmittel-Kreuzallergien steigt auch immer weiter! Wenn die Gastronomie die Augen vor diesem, immer größer werdenen, Markt verschließt und sich mit Ausreden wie "Zu wenig Zeit!" rauszureden versucht, dann ist denen auch nicht mehr zu helfen!

Zum Glück gibt es seit letztem Jahr eine stätig größer werdene Gruppe an Gastronomiebetrieben und Hotels, die endlich erkennen, dass da was gemacht werden muss und sich daher von der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ECARF (ecarf.org) schulen und als Allergiker freundlich zertifizieren lassen.

Wenn die anderen Betriebe nicht mit auf diesen Zug springen wollen, dann müssen sie sich nicht wundern, wenn spätestens 2020 nur noch die Hälfte ihrer Gäste bei ihnen essen geht!

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