Wer entscheidet in Sachen Ampel?

10.12.2009 foodwatch

Sowohl in Brüssel als auch in Berlin wird über die künftige Nährwertkennzeichnung diskutiert. Muss es eine europäische Lösung her oder kann es auch einen deutschen Alleingang geben? Wer wirklich über die Ampel entscheiden darf – ein Überblick über den Gesetzgebungsprozess.


Im Januar 2008 stellte die Europäische Kommission ihren Verordnungsentwurf für eine neue Nährwertkennzeichnung vor und setzte damit den Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene in Gang. Entscheiden müssen nun das Europäische Parlament und der Europäische Rat, also die Regierungen der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Einigen sich beide, gibt es europaweit eine neue, einheitliche Nährwertkennzeichnung. Denn ist eine EU-Verordnung beschlossen, muss diese 1:1 in den Nationalstaaten umgesetzt werden.

Verordnungsentwurf verbietet die Ampel


Das Problem dabei: Wird der Verordnungsentwurf nicht an entscheidenden Stellen geändert, hat sich die Lebensmittelindustrie auf ganzer Linie durchgesetzt. Sie hätte erreicht, dass sie auch künftig ihre Kunden verwirren statt informieren darf. Denn eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung wie das britische Ampel-System ist im Entwurf nicht vorgesehen.


Mehr noch: Würde der Entwurf Gesetz, wäre die Nährwert-Ampel sogar ausdrücklich verboten. Denn die EU-Verordnung soll nicht nur einheitliche europäische Mindeststandards regeln, sondern gleichzeitig strengere Modelle ausschließen! Ein im Lebensmittelrecht bislang einmaliger Eingriff der EU in die Regelungskompetenz der Mitgliedsstaaten, ohne Rücksicht auf kulturelle Unterschiede beim Essen. Nicht einmal als freiwilliges Modell könnten die Regierungen der Nationalstaaten strengere Kennzeichnungen, etwa nach dem Ampelsystem, anstoßen. Das belegt ein Rechtsgutachten im Auftrag von foodwatch. Im schlechtesten Falle wird die EU also die von der breiten Mehrheit der Deutschen gewünschte Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben verbieten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich ebenfalls gegen die Ampel positioniert – von ihr ist also keine Initiative in Europa zu erwarten.

Entscheidung frühestens im Mai 2010


Bis die EU-Verordnung Gesetz wird, steht jedoch noch ein langer Abstimmungsprozess bevor. Die Fachausschüsse des Europäischen Parlaments haben bereits über den Kommissionsentwurf beraten. Zahlreiche Änderungsanträge wurden eingebracht, die Hoffnung machen: Anträge auf eine EU-weite Einführung der Ampel, aber auch Anträge für "Plan B": eine Öffnungsklausel, die es zumindest den EU-Mitgliedsländern ermöglichen würde, auf nationaler Ebene zusätzlich die Ampel einzuführen.


Der federführende Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit will die ursprünglich bereits im März 2009 geplante Abstimmung nun im März 2010 nachholen. Das finale Votum im Plenum des Europäischen Parlaments ist für Mai 2010 geplant. Und dann muss noch Einigkeit mit dem Europäischen Rat herbeigeführt werden, zunächst mit den zuständigen Fachministern, schließlich mit den Regierungschefs. Erst dann wird klar sein, ob die Ampel kommt – oder verboten wird.

 www.foodwatch.de

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